Einmal nicht Manta, Schildkröte, Hai und Co, sondern um die Katzen auf den Malediven geht es in diesem Gastartikel von Verena Wiesbauer
Jeder, der schon mal auf einer Einheimischen Insel war, kennt die vielen herrenlosen Katzen auf den Malediven. Ob in den Gassen geboren, als „Hoppala“ in den kleinen Wohnungen und dann im Karton ausgesetzt, oder seien es die vielen erwachsenen Tiere, die den Menschen „dann doch zu viel“ wurden. Wie, zu viel?
Ich musste mir schon alles anhören, von „Die Kastration konnte ich mir nicht leisten, deshalb habe ich meine Katze zur Adoption frei gegeben“, bis zu „Nach sieben Monaten wurde ich angerufen, dass ich nun mit meiner Katze zum Kastrieren kommen soll.“. Aber am schlimmsten sind die Fälle, in denen eine in Europa so verbreitete Routine-OP auf den Malediven zum Tod führte. Schon oft habe ich maledivische KatzenbesitzerInnen auf dem Kreuzesweg voll mit Angst und Sorge bis zum Trauern um das tote Tier begleitet. Mit Hygiene läuft das hier leider noch nicht so, wie wir es aus Mitteleuropa gewohnt sind.
Da Mangel an Tierärzten für die Katzen der Malediven herrscht, ist der logische Schluss für die Malediver: die Meeresbiologin, die muss es doch auch wissen!
Tag-täglich bekomme ich Anfragen, was man denn tun soll, wenn der Stubentiger sich übergibt oder nur mehr flüssig kackt, wenn er das Fell in kreisrunden Flecken verliert, vom Balkon fällt, sich am Ohr unendlich kratzt oder sich mit dem Neuankömmling streitet, wenn er sich der (viel zu kleinen) Katzentoilette abwendet, und was man nicht nur gegen Flöhe, sondern auch gegen die böse Schwiegermutter unternimmt, die die Katze aus dem Haus haben will.
Familienpsychologie beiseite: dass wir als Meeresbiologen keine medizinische Ausbildung haben, ist den Einheimischen in der Not eigentlich gleichgültig.
„Wir bekommen immer wieder Beschwerden von Anrainern, dass Straßenkatzen vor ihrer Haustüre angefüttert werden und dann bleiben“, erzählt mir die Stadtverwaltung von Hulhumale‘. Auch von den Kothaufen auf den eh schon viel zu schmalen Gehsteigen haben die Leute genug, besonders in Male‘, wo es ja fast keine Sand- oder Erdflächen mehr zum Vergraben gibt. Somit stellte sich die Herausforderung: Wie löst man das Problem der unkontrollierten Vermehrung?
„Die Regierung soll doch ein Tierschutzhaus bauen!“ hört man an allen Ecken. Der Bau wurde zwar für Jänner 2023 vom Male‘-Bürgermeister versprochen, stellte sich allerdings als politisches Fail heraus. Niemand wird dafür Geld in die Hand nehmen, und ohne Kastrationen würde so ein Zufluchtsort ja auch gar nicht funktionieren.
Somit war ganz klar: Eine Kastrationsklinik für die Katzen der Malediven muss her, und zwar durch Spenden finanziert.
Spenden gibt es nur an einen Verein, und so wurde die NGO (non-governmental-organization) „Zoophilist Society of Maldives“ ins Leben gerufen. Dass das Wort „Animal“ im Vereinsnamen nicht aufscheint, war taktisch geplant. „Tiere haben nun mal leider in unserer Gesellschaft keinen besonders hohen Stellenwert“, sagt mir mein einheimischer Lebensgefährte, „also verwende das Wort bitte einfach nicht… nimm etwas anderes. Am besten etwas, das niemand versteht.“ Natürlich hatte ich schon eine Liste von 17 möglichen Vereinsnamen bereit, die das Wort „Tier“ beinhalteten. Aber dann fiel mir doch aus dem Griechischen „zoon“ (Tier) und „philos“ (ein emotionales Wort für Freund) ein, somit wurde daraus der „Verein der Tierliebhaber“.
Zwischen Sommer und Winter 2022 flog ich dreimal nach Hause ins österreichische Marchfeld, um von meiner Tierärztin als Assistenz ein wenig über den Praxisalltag und besonders mehr über Katzenkrankheiten zu lernen. Sie wollte eigentlich keine Meeresbiologin ohne Tierhelferausbildung neben sich haben, die ihr über die Schulter guckt! Nach zwei Wochen bekam ich dann doch den „heiligen weißen Kittel“ ausgehändigt, ganz charmant mit den Worten „hier, zieh den an, sonst wissen die Leut ja net, dass du zu mir g’hörst!“. Eine Woche später dufte ich ihr Telefon beantworten, mit Argusaugen beobachtet Impfpässe vorbereiten und letztendlich wurde es am Ende doch Liebe auf den zweiten Blick!
Relativ schnell war eine Präsentation über Lösungsvorschläge für das Straßenkatzenproblem verfasst, die ich dann dem Bürgermeister von Hulhumale‘ vortrug. Man fand sich: die Insel hatte ein gesellschaftliches Problem zu lösen, und wir haben das Know-how, wie man so etwas auf die Beine stellt.
Im März 2023 unterschrieben wir dann eine Abmachung, die besagt, dass uns ein Geschäftslokal drei Jahre lang mietfrei zur Verfügung gestellt wird und uns beim Katzen-Fangen geholfen wird, im Gegenzug wir die Klinik komplett ausstatten, die Veterinäre bringen und gratis Straßenkatzen kastrieren müssen. Wer die Mietpreise auf den Malediven kennt, weiß: the deal is done!
Die Macht der Massen: wenn jede/r einen kleinen Beitrag leistet, kommt viel für die Katzen der Malediven zusammen. Für die großen Philanthropisten gibt’s auch ordentlich Werbefläche.
Natürlich werden wir auch große Sponsoren ansprechen, aber selbst jede/r einzelne Malediven-TouristIn, die/der etwas für Katzen der Malediven übrig hat, kann beitragen: es gibt auf Amazon-Wunschlisten alles von unter 10EUR bis über 100EUR, man kann Gebrauchtartikel spenden (zB gewaschene Badetücher), Verbrauchsmaterial (Kanülen, Handschuhe, Skalpellklingen, Spritzen, Instrumente, Microchips, uvm), oder später dann auch Katzenfutter und Medikamente mitbringen, wenn die Klink mal offen ist. Gelogen wäre, wenn wir keine Geldspenden bräuchten – auch die sind natürlich dringend notwendig. Ehrenamtliche TierärztInnen und -helfer werden wir benötigen, die die Katzen sicher und hygienisch kastrieren. Ein paar „Malediven-Goodies“ wird es da auch schon mal als Belohnung geben – Guesthouse-Betreiber und Tauchschule auf Maafushi sind neben einer Filmfirma für Kurzdokus bereits an Board!
Wer sich für das Projekt „Katzenklinik auf den Malediven“ interessiert, und eventuell auch (groß oder klein) spenden will, darf sich gerne mit mir in Verbindung setzen: verena.wiesbauer@zoophilist-maldives.com Auf Facebook und Instagram wird viel Aufklärung betrieben, besonders für die maledivische Bevölkerung, und auf unserer Webseite gibt’s Infos für alle: www.zoophilist-maldives.com
Und hier noch ein Live, was wir Inselnauten mit Verana aufgezeichnet haben: